Unterdurchschnittliche Meereismengen für Arktis und Antarktis vorhergesagt | Polarjournal
Egal ob im Arktischen oder Südlichen Ozean, Meereis ist an beiden Orten für Meeresbewohner von entscheidender Bedeutung und gilt als Gradmesser für die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen in den Regionen. Bild: Michael Wenger

Sowohl in der Arktis wie auch in der Antarktis sind die Mittsommer- bzw. Mittwinterfeiern vorbei, die Tage beginnen, wieder kürzer bzw. länger zu werden. Für das Meereis auf den entsprechenden Ozeanen ist noch nicht Halbzeit, sondern erst im September. Doch der Ausblick auf ihre Entwicklungen ist alles andere als erhellend, wie ein vor kurzem veröffentlichter Bericht zeigt.

Rund 4.54 Millionen Quadratkilometer für den Arktischen Ozean und rund 17.92 Millionen Quadratkilometer im Südlichen Ozean sind die Aussichten von Expertengruppen für die Meereisentwicklung im kommenden September. Diese Zahlen wurden am vergangenen Freitag im Sea Ice Outlook des Sea Ice Prediction Network veröffentlicht. Damit werde für die Arktis eine ähnliche Ausdehnung wie im vergangenen Jahr erreicht, während die Antarktis auf einen neuen Negativrekord in ihrer Maximalausdehnung hinsteuere.

Für die Antarktis malt der zusammenfassende Bericht kein sehr schönes Bild. Auch in diesem Jahr wird die maximale Meereisausdehnung rund um Antarktika unter dem langjährigen Durchschnitt von 18.5 Millionen Quadratkilometer liegen. Die Daten dazu stammen von neun verschiedenen Expertengruppen weltweit. Damit schreite der Trend, der im Februar bereits verzeichneten geringsten Minimalausdehnung des antarktischen Meereises fort, heisst es im Bericht.

Betrachtet man die Ausdehnung des antarktischen Meereises über den gesamten bisher beobachteten Zeitraum von 44 Jahren, ist zwar immer noch ein ganz schwacher Trend von Eiszuwachs gemessen worden. Doch der diesjährige Verlauf der Meereisausdehnung liegt bereits zum fünften Mal in Folge unter dem langjährigen Durchschnitt, der sich berechnet aus den Satellitenmessungen und anderen Datenerhebungen, die seit 1979 erstellt werden.

Inwieweit die globalen klimatischen Veränderungen dieser Reihe von Negativrekorden Vorschub geleistet haben, wurde Anfang des Monats von Expertinnen und Experten anlässlich eines vom AWI, der Universität Bremen und der Internationalen Glaziologischen Gesellschaft organisierten Symposiums diskutiert.

Für die Arktis, traditionell die immer lauter schellende Alarmglocke der Auswirkungen des Klimawandels, zeigen die Daten ebenfalls keine richtige Erholung im Abwärtstrend. Zwar wird kein neuer Negativrekord erreicht, wie die Daten von insgesamt 38 Gruppen und Institutionen zeigen. Doch mit den wahrscheinlichen 4.54 Millionen Quadratkilometer liegt man immer noch am unteren Rand des Durchschnitts, der aus den seit 1979 erhobenen Messungen berechnet wird. Der Bericht fügt jedoch an, dass zwischen den 38 eingereichten Werten eine relativ grosse Spannbreite von zwischen 2.95 und 5.60 Millionen Quadratkilometern liegt und rund die Hälfte der Teams von einem niedrigeren bzw. von einem höheren Wert ausgehen.

Auch hier sind die Vorhersagen mehr oder weniger auf einer Linie, verglichen mit denen im Februar, dem Zeitpunkt der grösstmöglichen Ausdehnung. Grosse Überraschungen wie 2012 dürfte es nach Meinung der meisten Expertinnen und Experten zwar nicht geben, können aber auch nicht ausgeschlossen werden. Damals lag die Meereisausdehnung lange im Durchschnitt. Doch durch einen plötzlichen Wärmeeinbruch schmolz ab Anfang Juni das Meereis derart rasch, dass bis im September das Meereis auf knapp 3 Millionen Quadratkilometer zurückgegangen war.

Das Sea Ice Prediction Network wird nun noch im Juli und August weitere Vorhersagen veröffentlichen und diese dann für einen Abschlussbericht Ende September mit den gemessenen Daten vergleichen. Es wird sich dann zeigen, ob die aus Modellen, Hochrechnungen und Statistiken erhaltenen Werte den tatsächlichen Verlauf abbilden können oder ob man von der Natur überrascht wird. Allgemein geht jedoch die Tendenz des Meereises immer weiter in Richtung nahezu eisfreier polarer Ozeane im Sommer.

Dr. Michael Wenger, PolarJournal

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