Umweltverschmutzung in den Polarregionen im Fokus der Forschung | Polarjournal
An vielen Stränden Svalbards ist die Verschmutzung mit Plastik allgegenwärtig. (Foto: Julia Hager)

Die Umweltverschmutzung ist neben dem Klimawandel eines der drängendsten Probleme in der Arktis und Antarktis. Seit einigen Jahren ist sie zunehmend in den Fokus der Forschung gerückt, so auch in diesem Jahr. Zahlreiche Studien liefern wichtige Erkenntnisse, unter anderem über die Schadstoff- und Mikroplastikkonzentrationen im Ozean, in Eis und Schnee, in der Atmosphäre, in Sedimenten und geben Aufschluss darüber, wie sich die Verschmutzung auf Tiere auswirkt. Die nachfolgende Zusammenfassung von Forschungsergebnissen will verdeutlichen, wie sehr unser menschliches Handeln auf natürliche Systeme und auf Lebewesen Einfluss nimmt und ihre Existenz bedroht.

Anlass zur Hoffnung geben Lösungsvorschläge, die auf dem 2nd International Symposium on Plastics in the Arctic and Sub-Arctic Region vor wenigen Wochen in Reykjavik präsentiert wurden.

Wenn es um Forschung zur Umweltverschmutzung geht, gibt es in unserer Zeit leider nur selten etwas Positives zu berichten. Das gilt auch für die Polargebiete. Zu den Studien mit den bedrückendsten Ergebnissen zählt aus meiner Sicht die eines südkoreanischen Forschungsteams über Mikroplastik im Verdauungstrakt, das bei sehr jungen Eselspinguinküken auf King George Island in enormen Mengen gefunden wurde. 

Die Frage zur Herkunft der Plastikartikel beantwortet möglicherweise eine Studie, die bereits wenige Monate zuvor im Frühjahr erschienen war.  Ein Team von Forscherinnen, das vom British Antarctic Survey geleitet wurde, entdeckte Mikroplastik in Krill und Salpen aus dem Südlichen Ozean. Diese beiden Zooplanktonarten stellen äußerst wichtige Nahrungsquellen für Pinguine, Robben, Wale und Seevögel dar.

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Mikroplastikpartikel in einem Abschnitt des Verdauungstrakts eines Seevogels. (Foto: Yasmina Rodríguez, Universität der Azoren)

In diesem Zusammenhang gibt eine Studie über Seevögel, die ebenfalls im Frühjahr erschien, weiteren Anlass zur Besorgnis. Ein internationales Forschungsteam aus Deutschland, Portugal und Kanada wies anhand der auf der Nordhalbkugel vorkommenden Eissturmvögel und Cory-Sturmtaucher nach, dass sich die Bakteriengemeinschaft im Darm der Vögel verändert, nachdem sie Mikroplastik aufgenommen haben. Krankheitserreger, antibiotikaresistente und plastikzersetzende Bakterien gelangen mit den Plastikpartikeln in den Verdauungstrakt und verdrängen die nützlichen Bakterien, was Auswirkungen auf die Gesundheit der Tiere haben kann.

Diese Erkenntnis lässt sich möglicherweise auf Meeressäuger übertragen, die häufig auch größere Plastikstücke aufnehmen. Während diese Plastikteile meist im Magen-Darm-Trakt der Tiere verbleiben, gelangen Mikroplastikfasern, aufgenommen vor allem mit Beutetieren, sogar bis ins Fettgewebe von Walen und Robben und das bereits seit mehr als 20 Jahren wie eine Studie der Duke University berichtet.

Neben Mikroplastik lagern sich im Fettgewebe von Tieren auch zahlreiche Schadstoffe ab, die sich insbesondere in großen Raubtieren anreichern und schwerwiegende gesundheitlichen Folgen nach sich ziehen können. Orcas gehören zu den am stärksten belasteten Meeressäugern, wobei die Schadstoffkonzentrationen in ihrem Gewebe sehr stark von der Art der Nahrung abhängen, wie eine Studie im Oktober berichtete.

Immerhin gab es auch gute Nachrichten im zu Ende gehenden Jahr: Ein Forschungsteam aus Alaska untersuchte mehrere Fischarten, die insbesondere für Subsistenzfischer von Bedeutung sind, auf Quecksilber und PFAS, die sogenannten Ewigkeitschemikalien. In keiner der Proben wurden die Grenzwerte erreicht, im Gegenteil, die Konzentrationen lagen erfreulicherweise weit darunter.

2nd International Symposium on Plastics in the Arctic and Sub-Arctic Region in Reykjavik im November. (Foto: Julia Hager)

Das zweite Internationale Symposium zu Plastik in der Arktis und Sub-Arktis in Reykjavik führte im November diesen Jahres Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Nachwuchsforschende, Vertreter indigener und lokaler Gemeinschaften, politische Entscheidungsträger und Interessenvertreter zusammen. Ein Fokus des Symposiums lag auf Strategien und Lösungen zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung, wobei die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit auf wissenschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Ebene betont wurde. Dabei soll sichergestellt werden, dass das Wissen indigener und lokaler Gemeinschaften künftig verstärkt in Entscheidungen einfließt.

In einem gemeinsamen Projekt haben AECO (Association of Arctic Expedition Cruise Operators / Vereinigung der Anbieter von Expeditionsreisen in der Arktis), Leeways marine und PolarJournal & mountain2ocean den «Marine Litter Toolkit for Arctic Expedition Guides» erstellt, der ab 2024 einen Beitrag zur Sensibilisierung von Reisenden für die Plastikverschmutzung in der Arktis leisten soll.

Nicht nur für das kommende Jahr, sondern generell für die Zukunft bleibt dringend zu wünschen, dass insbesondere für die fragilen Polargebiete umfassende Lösungen gefunden werden, um ihre einzigartige Natur und Tierwelt vor Schlimmerem zu bewahren.

Julia Hager, PolarJournal

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